Ein abwechslungsreiches Warenangebot neben Gastronomie und Dienstleistungen – die Mischung sorgt für eine Belebung der Einkaufsorte.
Aus Sicht des Handels kann es lohnen, für spezielle Konsumenten spezielle Angebote zu entwickeln. Ein Beispiel ist ein schnell wechselndes Warenangebot, das auf kleineren Flächen wie auf einem Markt präsentiert wird, über den der Kunde von Stand zu Stand bummelt, das Besondere ausprobiert und auswählt. Ein Mix aus Gastronomie und Dienstleistungen ergänzt das Angebot. Die Mischung sorgt zugleich für eine weitere Belebung des Einkaufszentrums und/oder der Fußgängerzone.
Vor Ort auswählen, nach Hause liefern lassen
Die Verkaufsfläche verliert in solchen Konzepten ihre Waren-tragende Funktion. Mikrostrukturen werden große Formate ablösen. Das Ladengeschäft hält nicht mehr eine Bluse in zahlreichen verschiedenen Größen, Farben und Mustern bereit, sondern nur ein oder zwei Exemplare. Sie dienen praktisch als Anreiz, sich mit dem Sortiment zu beschäftigen. Mehr Auswahl wird das Geschäft online anbieten: Der Kunde wählt und bestellt direkt im Laden. Idealerweise bekommt er die Bluse am gleichen Tag nach Hause geliefert. So verschwinden die Grenzen zwischen den Absatzkanälen offline und online. Damit wäre auch die aktuelle Diskussion, ob nun online oder offline die richtige Lösung ist, beendet.
Zum anderen bietet der Händler seinen relevanten Kunden ein Plus an Service – die Heimlieferung entlastet vom Tütenschleppen. So muss für den Shoppingbummel auch nicht unbedingt das eigene Auto als Transportmittel dienen. Das trägt zur neuen Mobilität bei, die den Individualverkehr in den Stadtzentren zugunsten von mehr Aufenthaltsqualität verringern will. Das wird nicht zuletzt dem stationären Handel zugutekommen.
Das Beste aus zwei Welten: persönlicher Service und virtuelles Sortiment
In Barcelona zeigt ein internationaler Elektronikhändler bereits, wie Mikrostrukturen funktionieren. Er betreibt in einem Einkaufszentrum lediglich einen kleinen Laden, in dem es aber vom Minikopfhörer bis zur Waschmaschine alles zu kaufen gibt. Das Sortiment wird virtuell präsentiert. Die Mitarbeiter beraten und bedienen ihre Kunden direkt an Terminals. Das hat Vorteile: Die Präsentation der 40.000 Artikel beansprucht keinen Platz, was Flächenbedarf und damit Kosten reduziert, ohne dass Kunden Einbußen beim Service spüren. Im Gegenteil: Die persönliche Betreuung schafft Nähe. Diese fördert ebenso wie die Art der Präsentation das Einkaufserlebnis. Die Kauffreude wächst. Im Idealfall kehrt relevante Kundschaft zurück in den für sie relevanten Laden. Damit nimmt die Attraktivität der Einkaufslage wieder zu, die Frequenz steigt – die anfangs beschriebene Abwärtsspirale wäre gestoppt.
Für innovative Formate und wirtschaftlich tragfähige Modelle müssen Handel, Immobilienentwickler, Centermanager und Kommunen an einem Strang ziehen.
Um diese Überlegungen erfolgreich umzusetzen, sollten Handel, Immobilienentwickler, Centermanager und Kommunen an einem Strang ziehen. Händler werden innovative Formate und wirtschaftlich tragfähige Modelle brauchen. Entwickler und Betreiber werden Flächen anders strukturieren müssen. Diese sollten sowohl dem Handel die Realisierung seiner zukunftsfähigen Konzepte ermöglichen als auch so gestaltet sein, dass sie in Einkaufslagen mit geringer Reichweite noch Kunden anziehen. Vielleicht ändert sich auch die Rolle des Betreibers. Eventuell wandelt er sich stärker in Richtung Kurator, der Impulse zur Bespielung der Flächen setzt.
Die Kommunen sollten Anreize beisteuern, damit der Handel sich zum Quartiersanker entwickeln kann und die Menschen in die Einkaufslagen zurückkehren. Oder besser gar nicht erst wegbleiben. Dieses Zusammenspiel der Akteure setzt eine ehrliche Analyse voraus. Und den Mut, neue Wege einzuschlagen.
Fazit
In den vergangenen Monaten hat der Einzelhandel u. a. aufgrund der Corona-Pandemie stark an Bedeutung verloren. Die Frequenz in den Einkaufslagen sinkt und mit ihr verlieren Innenstädte an Attraktivität. Der Handel kann den Abwärtstrend bremsen. Dazu braucht er spezifische Angebote für relevante Kunden. Weniger kann dabei mehr sein: Kleineres Sortiment, kleinere Flächen, aber ein Plus an Service und Abwechslung können die Menschen zurückholen. Um den Wandel zu schaffen, müssen Immobilieneigentümer und Kommunen mitziehen. Denn auch sie profitieren, wenn der Handel wieder als Quartiersanker funktioniert.