Die demografische Entwicklung und veränderten Erwartungen an die öffentliche Verwaltung auf der einen und ein steigendes Antragsaufkommen auf der anderen Seite erhöhen den Druck, die Digitalisierung voranzutreiben.
Klare Kommunikation zum Abbau von Vorurteilen
Umso wichtiger ist es, einen solchen Schritt umfassend vorzubereiten und die Transformation angemessen zu begleiten. Grundsätzlich gilt es, die Menschen, die die Systeme nutzen – Bürger:innen, Unternehmen, aber auch die Mitarbeitenden in der Verwaltung –, in den Mittelpunkt zu stellen. Verwaltungsprozesse und -leistungen sollten konsequent einfach, digital sowie bürger- und nutzerzentriert gestaltet werden. Nur so lassen sich die hohen Erwartungen der Öffentlichkeit und der Angestellten an eine jederzeit erreichbare, effiziente und vernetzte Verwaltung erfüllen und das Vertrauen in die staatliche Leistungsfähigkeit verbessern.
Entscheidend ist darüber hinaus eine klare Kommunikation innerhalb der Organisation. Oft stecken noch negative Erfahrungen mit schlecht umgesetzten oder nicht gut nutzbaren IT-Lösungen aus der Vergangenheit in den Köpfen der Menschen. Das führt zu Ängsten und Vorurteilen gegenüber neuen technischen Prozessen. Doch Module, Lösungen und Schnittstellen lassen sich heute – nicht zuletzt dank kontinuierlicher Weiterentwicklung aufseiten der Technologieanbieter – deutlich einfacher implementieren. Auch Einarbeitung und Nutzung haben deutlich an Komplexität verloren.
Bestehende Module bilden viele Funktionalitäten ab
Aus technischer Sicht lässt sich heute eine Vielzahl von Anwendungen in die bestehenden Systeme integrieren, ohne dass das Umfeld ausgetauscht werden muss. Spezialisierte Anbieter digitaler End-to-End-Plattformen haben eine große Auswahl standardisierter Module im Programm, die sie durch anwenderfreundliche Konfigurationsmöglichkeiten und mithilfe vordefinierter Schnittstellen in die IT-Landschaft einer Organisation einpassen können. Viele Standardfunktionen sind bereits vorkonfiguriert, sodass sie einfach einzubauen und zu skalieren sind. Verwaltungsprozesse lassen sich damit sehr umfänglich einfach strukturiert und digital umsetzen. Von „End-to-End“ beziehungsweise von „Ende zu Ende gedacht“ sprechen die Technologieanbieter hier.
Trotz der Option, auf eine Vielzahl von Modulen zurückzugreifen, ist es wichtig, den gesamten Prozess neu zu durchdenken und wo nötig anzupassen, um letztlich die beste Lösung umzusetzen. Im Rahmen dieses Prozesses gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Bekanntes und Vorhandenes zu nutzen und über entsprechende Schnittstellen einzubauen. Das spart Zeit und Geld. Häufig lässt sich dabei auch das sogenannte EfA-Prinzip des Onlinezugangsgesetzes (OZG) nutzen. Gemäß dem Motto „Einer für alle“ werden dabei Leistungen, die in einer Behörde digitalisiert worden sind, auch anderen Behörden zur Verfügung gestellt.
Wichtig ist es aber, den passenden Anbieter auszuwählen, der die entsprechenden Funktionsmodule im Sortiment hat. Auch im technischen Ablauf des Prozesses gilt es, die Kund:innen und ihre Bedürfnisse im Blick zu behalten.
Standardisierte Authentifizierung nutzen
Die BundID gehört zu den Innovationen, auf die die Verwaltung bei der Digitalisierung künftig setzen kann. Das zentrale Konto können Bürger:innen bei Online-Anträgen zur Identifizierung nutzen. Einmal erfasst, erspart die ID das Ausfüllen persönlicher Daten in Formularen. Das Login funktioniert an unterschiedlichen Stellen und hat dank des gleichen Aussehens einen hohen Wiedererkennungswert. Einmal hinterlegt, können Inhalte immer wieder verwendet werden. Auch Bescheide und Nachrichten lassen sich über die ID übermitteln.
Der elektronische Ausweis ist technologieoffen und lässt sich in ganz unterschiedliche Anwendungen einbauen. Doch um diese effizienten, standardisierten Authentifizierungsmodule einsetzen zu können, müssen die Behörden intern zunächst die Voraussetzungen in ihren IT-Systemen schaffen.
Eine weitere Anforderung: Die digitalen Angebote sollen nutzerfreundlich sein, aber auch effizient, sicher und nachhaltig. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Benutzeroberfläche. Sie sollte für diejenigen, die die Anträge stellen, also Bürger:innen und Unternehmen, genau wie für die Sachbearbeiter:innen in der Verwaltung intuitiv zu nutzen sein. Dabei können gezielte, interviewartige Fragen ebenso helfen wie eine unmittelbare Validierung von Eingaben. Wird beispielsweise eine Kontoverbindung abgefragt, lässt sich im Hintergrund direkt prüfen, ob die eingegebene IBAN tatsächlich existiert.
Eine intuitive Benutzeroberfläche kann die Akzeptanz digitaler Angebote signifikant steigern und damit die Anzahl komplett digital bearbeitbarer Verwaltungsprozesse erhöhen.
Medienbrüche und Betrug vermeiden
Eine durchgängige Digitalisierung, vom Anfang bis zum Ende des Prozesses, hilft dabei, Medienbrüche zu vermeiden – ein weiterer wichtiger Aspekt, den viele zu schätzen wissen. Wer ein Formular am Computer ausfüllt und nach den ersten Schritten merkt, dass dafür eingescannte Dokumente gebraucht werden, wechselt aufs Mobiltelefon. Die schon erfassten Daten bleiben dabei erhalten.
Konsequent papierlose Prozesse unterstützen auch die Vermeidung von Betrug, da die Validierung von Eingaben durch die Verknüpfung mit anderen Systemen direkt erfolgen kann. Aufgrund steigender Antragszahlen, höherer Komplexität und reduzierter Personalkapazität unterstützt eine effiziente und technologiegestützte Betrugsvermeidung essentiel die Arbeit der Verwaltungs-angestellten. Der automatische Abgleich verschafft Sicherheit für die Verantwortlichen in der Behörde und verringert die Verschwendung von Steuermitteln.
Nächster Schritt: künstliche Intelligenz
An vielen Stellen lässt sich bei der Einführung digitaler Lösungen schon heute künstliche Intelligenz (KI) einsetzen. So könnte auf der Basis der digitalisierten Anträge und Verwaltungsleistungen einer Person künftig das System direkt Vorschläge machen, um den am besten auf deren Bedürfnisse zugeschnittenen Antrag zu finden, zum Beispiel für eine neu eingerichtete Leistung oder einen Anspruch, der sich aus den erfassten Daten ergibt. Denkbar ist auch, dass die KI gezielte Nachfragen stellt, um Formulare vollständig mit den relevanten Inhalten zu befüllen, Anfragen direkt den richtigen Fachbereichen zuordnet oder Handlungsempfehlungen für Kundenberater:innen ableitet.
Doch um mit den vielfältigen Möglichkeiten, die sich aus einer ethisch korrekten Nutzung von künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und Robotik ergeben, überzeugende Ergebnisse zu erzielen, ist eine Voraussetzung unabdingbar: die vollständige Digitalisierung der zugrunde liegenden Prozesse für eine aktuelle, vollständige Datenbasis. Noch ein Grund, das Thema im eigenen Haus dringend konsequent anzupacken.
Fazit
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung hinkt in Deutschland hinterher. Bei den jetzt nötigen Schritten ist es entscheidend, die Erwartungen der Bürger:innen ins Zentrum zu stellen. So lassen sich Bürgerservices nicht nur digital umbauen, sie werden auch effizienter, nutzerzentrierter und nachhaltiger. Dabei können öffentliche Verwaltungen und Behörden auf viele bereits vorhandene Modul-Lösungen zurückgreifen. Richtig angepasst spart das Zeit und Geld. Und es werden dadurch die Voraussetzungen geschaffen, zukünftig vielseitig - ethisch korrekte - künstliche Intelligenz in der Verwaltung einzusetzen.