Auch wenn nicht jedem Unternehmen wegen seiner CO2-Bilanz ein Finanzierungsproblem droht, ESG-Risiken kann keines mehr ignorieren.
Bislang gibt es keinen einheitlichen Standard, welche Nachhaltigkeitsinformationen oder Kennzahlen Banken abfragen. Für Unternehmen ist das ein Unsicherheitsfaktor. Heute sind drei bis fünf Kennzahlen wie CO2-Reduktionsziele, CO2-Fußabdruck oder Arbeitsbedingungen üblich. Umweltschutz und Soziales stehen im Vordergrund, die Unternehmensführung gewinnt aber an Bedeutung. Mindestens einmal im Jahr wird geprüft, ob der Kreditnehmer die vereinbarten Kennzahlen erreicht. Da Finanzdienstleister künftig gezwungen sind, ESG-Kriterien in die Risiko- und Bonitätsbewertung einzubauen, dürfte sich das Prozedere in den kommenden Jahren weiter professionalisieren.
ESG als wichtige Säule bei der Neuausrichtung von Unternehmen in der Krise
Die geltende Rechtslage, die selbst auferlegten Zielvorgaben von Kreditinstituten und künftige regulatorische Anforderungen lassen ESG-Themen immer relevanter für die Kreditvergabe und verlängerung, auch und vor allem im Restrukturierungsfall, werden. Berücksichtigen Unternehmen relevante Nachhaltigkeitsfaktoren nicht, wirkt sich dies negativ auf ihr Rating und ihre Bonität aus, sodass sie sich nur unter erschwerten Bedingungen refinanzieren können. Im schlimmsten Fall ist die Finanzierung keine Frage des Preises mehr, weil die Geldgeber keine Mittel mehr bereitstellen. Umgekehrt können gelungene ESG-Konzepte zu einer Chance für Unternehmen werden und deren Restrukturierung erleichtern.
Vor allem kleine Unternehmen, Mittelständler und Familienunternehmen mit begrenztem Verhandlungspotenzial gegenüber Kreditgebern profitieren von einer frühzeitigen Absicherung. Überlegungen zur Nachhaltigkeit müssen daher in den gesamten Restrukturierungsprozess einfließen – von der Identifizierung der Chancen und Risiken bis hin zur strategischen Neuausrichtung. Ist ein Unternehmen erst einmal in Schieflage geraten, stehen für die erforderlichen Anpassungen meist nicht mehr die Mittel zur Verfügung. Im Sanierungsfall wird allein der Aufbau ESG-gerechter Strukturen das Unternehmen vermutlich nicht retten. Er kann aber Bestandteil einer erfolgreichen Restrukturierungsstrategie sein, die jedoch auch wiederum finanziert und damit integraler Bestandteil eines ganzheitlichen Sanierungskonzepts werden muss.
Neben den mit ESG verbundenen Chancen und Risiken besteht eine große Herausforderung für Unternehmen darin, den eigenen Status quo zu überprüfen. EY nutzt hierfür das Analyse-Tool „ESG Business Review“. Es schafft je nach Branche einen transparenten Überblick, wo das Unternehmen in Sachen ESG steht und welche Risiken, Chancen und Handlungsfelder sich daraus ergeben.
Fazit
Eine erfolgreiche Restrukturierung von Unternehmen ist heutzutage ohne die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in manchen Branchen nicht mehr denkbar. Die selbst gesteckten Ziele und kommende gesetzliche Vorgaben zwingen Finanzdienstleister, die ESG-Leistungen der Unternehmen bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen. Mangelhafte oder fehlende ESG-Leistungen, die sich potenziell negativ auf die Bonität auswirken, erschweren die (Re-)Finanzierung oder machen sie im schlimmsten Fall unmöglich. Andererseits können gut umgesetzte ESG-Konzepte und eine nachhaltigkeitsorientierte Unternehmensführung den Restrukturierungsprozess erleichtern.