Die Digitalisierung in der Gesetzgebung dient dem Abbau von Bürokratie und deren Kosten sowie dem Aufbau von Transparenz, sie verschlankt und vereinfacht Prozesse und die Anwendung von Gesetzen.
Digitalcheck oder Digitalisierungscheck von Gesetzen: Wofür ist das gut?
Zweck des Digitalchecks oder auch „Digitalisierungschecks“ in der Gesetzgebung soll sein, die Gesetzesentwürfe an einem möglichst frühen Punkt des Vorhabens auf ihre Digitalisierungstauglichkeit hin zu überprüfen. Auf diese Weise können mögliche Schwachstellen und Änderungsbedarfe frühzeitig identifiziert und der Entwurf auf seine Praxistauglichkeit hin angepasst werden. Denn Änderungen nach Beginn der Implementierung verkomplizieren und verlangsamen nicht nur den Prozess, sondern erzeugen oftmals auch zusätzliche Kosten – beides ist durch den rechtzeitigen Digitalcheck vermeidbar.
In der heutigen, durch Digitalisierung bestimmten Welt sind auch die Modernisierung von Gesetzgebung und öffentlicher Verwaltung gefragt: Dies dient dem Abbau von Bürokratie und deren Kosten sowie dem Aufbau von Transparenz, sie verschlankt und vereinfacht Prozesse und die Anwendung von Gesetzen. Der Digitalcheck verschiebt den Diskurs von analoger Bürokratie und hergebrachtem Formalismus hin zu Nutzerfreundlichkeit, Effizienz und Wirkung.
Diese Diskussion ist nicht brandneu. Der Nationale Normenkontrollrat wies bereits im Herbst 2019 auf die Relevanz von Digitalisierungschecks von Gesetzesvorschlägen und Gesetzgebung hin. Digital- beziehungsweise Datenlabore sollten diese Aufgabe daraufhin in Angriff nehmen und unter anderem eine Checkliste für zukünftige Gesetze erstellen – bis zur Umsetzung reifte dieser Plan jedoch nicht. Auch Fachkräfte vom Kompetenzzentrum Öffentliche IT und vom Digitalrat der Bundesregierung selbst unterstützen den Digitalcheck. Bis heute sind operative Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ideen, sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene, aber rar. Ein Positivbeispiel auf Länderebene ist hier Nordrhein-Westfalen.
Vorreiter beim Digitalcheck sind Nordrhein-Westfalen und Dänemark
Seit März 2021 ist der Digitalisierungscheck bei allen neuen Gesetzen in Nordrhein-Westfalen verpflichtend. Bei dem sogenannten E-Government-Check wird jedes Gesetzesvorhaben darauf geprüft, inwieweit es digital umsetzbar ist. Ein vor allem nutzerorientiertes Verfahren, dass Bürger:innen Behördengänge ersparen soll und sie in vollem Umfang von der Verwaltungsdigitalisierung profitieren lässt. Dieser Ansatz könnte auch auf Bundesebene und in anderen Bundesländern als Vorbild dienen.
Im EU-Vergleich ist Dänemark ein interessantes Beispiel. Das Land gilt als Spitzenreiter beim Digitalisierungsgrad. Ein Erfolgsfaktor: Seit 2018 klopft eine Arbeitsgruppe Gesetzesentwürfe anhand einer Checkliste auf deren Digitalisierungstauglichkeit hin ab. Dabei folgt das Team sieben Prinzipien:
- Einfache und klare Regeln
- Digitale Kommunikation
- Automatische Sachbearbeitung ermöglichen
- Übergreifende Kohärenz – einheitliche Begriffe/Definitionen und Wiederverwendung von Daten
- Sichere Datenverwaltung
- Nutzung der öffentlichen Infrastruktur
- Betrug und Fehler verhindern.
Ob es um Rentenansprüche oder die Meldepflicht von Düngernutzung bei Landwirtinnen und Landwirten geht: Die positiven Effekte dieser Checks kommen nicht nur der dänischen Bevölkerung, sondern auch den Ministerien zugute, denen digitalisierungstaugliche Entwürfe inzwischen einfacher von der Hand gehen – denn von Effizienz und Klarheit profitieren alle.
Ursache und Wirkung: Digitalchecks sind kein Selbstzweck
Die Umsetzung von Digitalchecks in der Gesetzgebung ist fraglos gut und notwendig, aber noch nicht das Ende der Fahnenstange. Denn es ist eine Sache, den digitalen Gesetzesvollzug zu ermöglichen. Eine andere, damit gleichzeitig die größtmögliche Wirkung der Gesetze zu erreichen. Dafür sollten diese Digitalisierungschecks in eine umfassende Strategie zur besseren Rechtsetzung eingebettet werden, in denen sie als Hebel für bessere Wirkungsorientierung und nicht allein dem Selbstzweck dienen.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ministerien und entsprechenden Abteilungen aus Forschung und Beratung kann mittels Machbarkeitsstudien, Folgenabschätzungen, Monitoring und Evaluation die Auswirkungen von Gesetzesvorhaben auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt fundiert einschätzen.
Vorbild dafür könnte die „Agenda für bessere Rechtsetzung“ der EU sein, die weit über die alltägliche Anwendung von Rechtsvorschriften hinausgeht. Denn sie betrachtet die Prozesse ganzheitlich, beispielsweise durch Einbindung derjenigen, die neue Regelungen betreffen oder durch konsequente Berücksichtigung der Ziele der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung. Eine bessere Rechtsetzungsstrategie auf Bundesebene kann die Weiterentwicklung ministerieller Vor- und Nachbereitungsprozesse von Gesetzen nach EU-Vorbild bedeuten. Die möglichen Auswirkungen (Nutzen und Kosten) von Gesetzen auf Gesellschaft und Wirtschaft würden dabei bereits vorab analysiert, zum Beispiel mittels Machbarkeitsstudien oder Folgenabschätzungen. Dem anschließen sollte sich das Monitoring während und die Evaluation nach der Implementierung, um eben jene Auswirkungen und Effekte (immer wieder neu) zu bewerten und, je nach Erkenntnisgewinn, Stellschrauben rechtzeitig nach zu justieren.
Um dabei auf möglichst belastbaren und evidenzbasierten Beinen zu stehen, ist es ratsam, hierfür unterschiedliche Stakeholdergruppen zu berücksichtigen und die Analysen möglicher Auswirkungen beispielsweise nach internationalen Standards wie den „Leitlinien für eine bessere Rechtsetzung“ der EU-Kommission auszurichten. Der Digitalcheck ist hierbei ein Wegweiser, aber nicht die Ziellinie für bessere Rechtsetzung.
Mit der geplanten Ausweitung von Digitalchecks greift die neue Bundesregierung ein dringendes und hochrelevantes Thema auf. Doch damit diese ihren Nutzen effektiv entfalten können, sollten sie in den Kontext einer besseren Rechtsetzung eingepflegt werden. Digitalisierungschecks sind Hebel für Transparenz und Kooperation, Evidenz und Machbarkeit. Damit am Ende das Ergebnis, die Gesetze, die Anforderungen einer digitalisierten Welt erfüllen.
Fazit
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung sieht den Digitalisierungscheck von Gesetzesvorhaben als Standard vor. Ein wichtiger Ansatz, der jedoch als Teil einer Strategie zur besseren Rechtsetzung noch mehr Wirksamkeit entfalten könnte.