5 Minuten Lesezeit 1 Mai 2018
Arbeiter installieren einen Jetmotor

Wie sich Luftfahrt- und Rüstungsunternehmen in Wachstumsmärkten positionieren können

Von Randy Miller

EY Global Advanced Manufacturing & Mobility Leader

Champion for women and diversity & inclusiveness in the Advanced Manufacturing & Mobility industries. Passionate about manufacturing, mobility and disruption.

5 Minuten Lesezeit 1 Mai 2018

Weitere Materialien

  • A and D Edge Driving growth through emerging markets (pdf)

Regulatorische, infrastrukturelle und geopolitische Herausforderungen sind ein Hindernis für Geschäfte und Investitionen. Doch auch die Chancen sind riesig.

In jüngster Zeit hat sich der A&D-Markt (Aerospace and Defense) grundlegend verändert. Führende Unternehmen konzentrieren sich zunehmend auf Märkte in Schwellenländern, um den Druck abzufedern, der durch rückläufiges Geschäft in heimischen Märkten entsteht.

Die A&D-Ausgaben der USA, dem Staat mit den weltweit höchsten Verteidigungsausgaben, sind von 2012 bis 2016 jährlich um rund 2,4 Prozent gesunken (obwohl sich dies mit dem Haushalt 2019 wieder signifikant ändern dürfte). Die Verteidigungsausgaben in Europa sind im gleichen Zeitraum jährlich um 1,2 Prozent angestiegen.

Weil sich die Höhe der Verteidigungsausgaben der Industrienationen nur wenig verändert, werden Schwellenländer für Hersteller von Rüstungs- und Verteidigungsprodukten zunehmend wichtiger, dazu gehören insbesondere Staaten aus dem Nahen Osten und dem Asien-Pazifik-Raum. Die Ausgaben dieser Staaten steigen, weil sie anhaltenden terroristischen Aktivitäten und einer instabilen geopolitischen Lage begegnen müssen.

Welches sind die wichtigsten Schwellenländer für A&D?

Die Verteidigungsausgaben von Staaten hängen eng mit ihrem BIP zusammen. Unter den 15 Nationen mit den weltweit höchsten Verteidigungsausgaben befinden sich sechs Länder, die zu den Schwellenländern gerechnet werden: China, Saudi-Arabien, Indien, Russland, Brasilien und die Türkei. Das BIP dieser Märkte wird nach Prognosen von 2017 bis 2020 jährlich um rund 4,5 Prozent wachsen. In den Industrienationen sind es nur rund 1,9 Prozent.

Weitere entscheidende Faktoren für die Höhe der Verteidigungsausgaben sind politische Stabilität, Terrorismus und das Verhältnis zu Nachbarländern. Schwellenländer, die politisch wenig stabil oder stark durch Terrorattacken bedroht sind, geben tendenziell mehr für die Verteidigung aus.

Diese Ausgabensteigerungen sind der Grund dafür, dass A&D-Unternehmen sich zunehmend in diesen Ländern engagieren. Hinzu kommt, dass die Regierungen dieser Länder oft ihre Streitkräfte modernisieren wollen. Zudem streben sie an, die heimische Rüstungsindustrie auszubauen, und ermuntern global agierende Rüstungskonzerne dazu, in ihre Länder zu investieren.

In der zivilen Luftfahrt werden diese Märkte in den kommenden zwei Jahrzehnten einen hohen Bedarf an Flugzeugen haben, insbesondere Indien und China. Deshalb lohnt es sich für Produzenten, ihre Aktivitäten vor Ort auszuweiten und ihr Geschäft näher an ihre Kunden heranzubringen.

Einige der Schwellenländer sind geschlossene Märkte und bieten ausländischen Rüstungsunternehmen nur begrenzte Investitionsmöglichkeiten. Aber gerade sie zählen zu den Ländern mit den höchsten Verteidigungsausgaben. Es ist darum wichtig, zu beobachten, wie sich der heimische Rüstungsmarkt dieser Länder entwickelt. Auch die Handelsbeziehungen zwischen diesen Ländern sind ein entscheidender Faktor.

Wie können A&D-Unternehmen ihren Einfluss in Schwellenmärkten ausbauen?

Dies sind die entscheidenden Strategien, mit denen sich globale A&D-Unternehmen in Schwellenmärkte einbringen und gleichzeitig zur industriellen Entwicklung vor Ort beitragen können:

  • Aufbau von lokalen Produktionsstätten und lokalen Lieferketten
    A&D-Unternehmen gehen Partnerschaften mit lokalen Partnern ein. So können sie ihre Präsenz vor Ort verstärken und Produktionskosten senken. Gleichzeitig profitieren die Schwellenländer durch den Ausbau ihrer technischen Fähigkeiten und durch Arbeitsplätze. Zudem setzen ausländische A&D-Unternehmen lokale Unternehmen als weltweite Zulieferer ein.
  • Fokussierung auf den Ersatzteilmarkt in Schwellenländern
    In den meisten Schwellenländern ist der A&D-Ersatzteilmarkt fragmentiert und unkoordiniert; es fehlt an erfahrenen Arbeitskräften, ausgereifter Logistik und staatlicher Aufsicht. Allerdings nimmt der Luftverkehr gerade in diesen Ländern rapide zu, wodurch auch der Bedarf an Wartung und Instandhaltung, kurz MRO (Maintenance, Repair and Operation), ansteigt. Daraus ergeben sich Chancen für ausländische Unternehmen.
  • Verträge zum Technologietransfer
    Schwellenländer versuchen zunehmend, Rüstungsverträge abzuschließen. Das beinhaltet auch Technologietransfer mit ausländischen A&D-Unternehmen, um die heimischen Produktionsfähigkeiten zu stärken. Ausländischen Unternehmen, die ihr technologisches Wissen mit diesen Ländern teilen, bieten sich weitere Möglichkeiten für die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern in den Bereichen Forschung, Fertigung und MRO.

Ein führender Triebwerkhersteller arbeitet mit einem türkischen Unternehmen im Design, der Entwicklung und der Produktion von Triebwerken von militärischen Transportflugzeugen zusammen. Gemeinsam haben sie ein technisches Entwicklungszentrum im Land eingerichtet, das sich auf neue Reparaturmethoden spezialisiert hat und dafür neue Schweißverfahren und Roboter einsetzt.

  • Aufbau von F&E- und Innovationszentren in Schwellenmärkten
    In den meisten Schwellenländern ist der A&D-Sekundärmarkt ungeordnet und fragmentiert und durch unerfahrene Arbeitskräfte, eine unausgereifte Logistik und regulatorische Herausforderungen gekennzeichnet. Allerdings nimmt der Luftverkehr gerade in diesen Ländern rapide zu, wodurch auch der Bedarf an Wartung und Instandhaltung, kurz MRO (Maintenance, Repair and Operation), ansteigt. Daraus ergeben sich Chancen für ausländische Unternehmen.
  • Auswirkung auf den örtlichen Arbeitsmarkt
    In vielen Schwellenländer herrscht ein großes Ungleichgewicht zwischen dem Angebot an qualifizierten Arbeitskräften und der Nachfrage nach diesen. Um dies zu ändern, bauen ausländische A&D-Unternehmen zunehmend gemeinsam mit Regierungen und lokalen Unternehmen Trainingsprogramme auf. Diese Ausbildungszentren erhöhen den Anteil qualifizierter Arbeiter auf dem lokalen Arbeitsmarkt; im Gegenzug stehen den ausländischen Firmen mehr Fachkräfte zur Verfügung.

Ein amerikanisches A&D-Unternehmen hat in Indien zusammen mit dem Ministerium für Zivilluftfahrt und der Ingenieursabteilung eines staatlichen Ingenieursunternehmens ein MRO-Ausbildungsprogramm ins Leben gerufen. Ziel ist es, ausreichend Fachkräfte für die erwartete wachsende Nachfrage nach Flugzeugen auszubilden.

Fazit

Ausländische Unternehmen sollten mögliche Hürden ernst nehmen, aber gleichzeitig Strategien und Vorgehensweisen für den Markteintritt ausarbeiten und dafür, wie sie in Schwellenländern expandieren können. Mit dem richtigen Plan können die Chancen die Risiken überwiegen.

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Von Randy Miller

EY Global Advanced Manufacturing & Mobility Leader

Champion for women and diversity & inclusiveness in the Advanced Manufacturing & Mobility industries. Passionate about manufacturing, mobility and disruption.