Es ist zu befürchten, dass ähnlich zu den Entwicklungen in den USA auch in Europa noch deutliche Preissteigerungen in weiteren Warenkörben erfolgen werden. Die Großhandelspreise sind im Vergleich zum Mai des Vorjahres bereits um 25,1% angestiegen. Diese enormen Preissteigerungen im Großhandel werden voraussichtlich (teilweise) auf die Konsumentenpreise übergewälzt und sollten somit die Inflation weiter antreiben. So geht die EZB in ihrer jüngsten Prognose von Anfang Juni von einem Anstieg der Verbraucherpreise 2022 von 6,8 Prozent aus. Anfang Februar – also noch vor der russischen Invasion der Ukraine – hatten Volkswirte der EZB lediglich einen Wert von 3,0 Prozent veranschlagt.
Ein Tritt auf die Geldbremse ist zwar notwendig, gefährdet aber das Wachstum. Bisher ist es den Notenbanken selten gelungen, eine hohe Inflation zu bekämpfen, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen.
Die Finanzmärkte reagieren mit steigenden Zinsen und Risikoprämien
Die Finanzmärkte haben auf diese Risikopotentiale durch Inflation, die Energiekrise und den Omikron-Ausbruch in China bereits reagiert. Sowohl die risikolosen Zinsen als auch die Risikoaufschläge für Fremdkapital sind zuletzt gestiegen.
Blickt man auf die risikolosen Zinsen, so sind sowohl die Anleiherenditen deutscher und österreichischer Staatsanleihen als auch die EUR-Swap-Sätze als Maßstab für risikolose Zinsen im Interbankengeschäft seit dem Jahresanfang 2022 stark gestiegen. Auf eine Laufzeit von 10 Jahren betrug dieser Anstieg etwa 2,0 Prozent. Analysten erwarten für die nächsten 12 Monate, dass die risikolosen Zinsen mindestens auf diesem höheren Niveau bleiben. Auch die Kosten für Zinsabsicherungen sind auf einem Mehrjahreshoch.
Auch bei den kurzfristigen Zinssätzen ist eine Entwicklung zurück in den positiven Bereich zu beobachten. Sowohl der 12M Euribor als auch der 6M Euribor sind bereits wieder deutlich positiv. Somit werden trotz der mittlerweile marktüblichen Zinsfloors auch Kredite mit variablen, EURIBOR-gebundenen Zinsen für die Kreditnehmer teurer.