Kapitel 1
Von digitalen Marktführern lernen
Diese Strategien setzen digitale Marktführer ein, um Nutzen aus ihren Investitionen zu ziehen.
Was digitale Marktführer auszeichnet
Eine Gruppe von Befragten hat laut der Umfrage besonders hohe Renditen auf ihre digitalen Investitionen erzielt und betrachtet sich selbst als digitale Marktführer in ihrer Branche. Diese Befragten
Abb. 1 zeigt, wie die digitalen Marktführer beim Eintritt in die nächste Phase der Pandemie ihre Resilienz steigern und mit welchen Eigenschaften sie ihre Rendite auf digitale Investitionen optimieren.
Digitale Marktführer verfügen über strategische Vorteile
Abgesehen davon, dass sie neue digitale Produkte, Services und Geschäftsmodelle stärker forcieren, ist die Wahrscheinlichkeit auch sehr viel höher, dass digitale Marktführer
Ihr Technologiemix umfasst mit größerer Wahrscheinlichkeit Investitionen in das Internet of Things (IoT), Cloud-Computing und fortgeschrittene Tools für Cybersicherheit – ein Nachweis dafür, dass Marktführer im digitalen Bereich eine starke Grundlage schaffen (nämlich durch Cloud und Cybersicherheit), um aufkommende Technologielösungen (wie KI/IoT) rasch voranzutreiben.
Um ihre digitalen Initiativen voranzutreiben, verlagern drei Viertel der Führungskräfte den Schwerpunkt zunehmend in Richtung M&A und Unternehmensbeteiligungen (s. Abb. 1). Im Schnitt verschieben digitale Marktführer rund 5 Prozentpunkte ihrer Investmentbudgets von internem Aufbau hin zu M&A. Diese Verlagerung ist bedeutend, denn unsere Umfrage hat ergeben, dass Investmentinstrumente wie M&A die Erwartungen mit höherer Wahrscheinlichkeit übertreffen (siehe Kapitel 3).
Momentan sind die digitalen Marktführer noch eine Elite. Welche ihrer Eigenschaften können sich andere Unternehmen zum Vorbild nehmen, um ihren Weg in die Zukunft zu ebnen?
Kapitel 2
Den Nutzen digitaler Investitionen optimal ausschöpfen
Digitale Marktführer bauen ihre Datenanalyse aus und messen den Erfolg digitaler Investitionen.
Zukunftssichere Technologie-Investitionen
Zähe Fortschritte bei der Nutzung technologischer Potenziale
Nur langsam bewegen sich Unternehmen dahin, den Nutzen neuer Technologien tatsächlich voll auszuschöpfen. Lediglich 15 Prozent der Führungskräfte geben an, dass sie den Wert ihrer Cloud-Investitionen vollständig heben konnten. Dabei ist Cloud-Computing vielleicht der wichtigste der genannten Eckpfeiler, da es die Anwendung zahlreicher anderer neuer Technologien überhaupt erst ermöglicht. Nur 7 Prozent der Befragten geben bisher an, dass sie das ganze Potenzial von KI/IoT ausschöpfen konnten. Hier befindet sich ein Großteil der technologischen Investitionen noch in der Start- oder Entwicklungsphase. Die Wertschöpfung scheint nahe, ist aber noch nicht wirklich greifbar.
Ähnliche Ergebnisse liefert die Umfrage im Hinblick auf die Fortschritte bei der Digitalisierung zentraler unternehmensweiter Prozesse. Nur 2 Prozent der Befragten konnten bislang alle Vorteile davon nutzen, während sich zwei Drittel entweder im frühen Entwicklungsstadium (34 Prozent) oder noch in der Startphase (30 Prozent) befinden.
Die Stolperfallen auf dem Weg zur Digitalisierung erkennen
Wachsamkeit ist geboten, wenn sich Digitalisierungsprozesse noch in der Entwicklungsphase befinden: Immerhin 79 Prozent der Befragten berichten, dass digitale Initiativen in diesem frühen Stadium häufig ins Stocken geraten. Dafür gibt es jede Menge Gründe:
- 65 Prozent geben an, dass digitale Initiativen aufgrund von mangelnder Qualifikationen oder Eignung des Personals gebremst werden.
- 59 Prozent führen fehlende Budgets an.
- 58 Prozent sehen die maßgeblichen Herausforderungen in einer schlechten Datenqualität oder im Fehlen einer starken Datenanalysefunktion.
Die Daten sind entscheidend, wenn die Gleichung aufgehen soll. Daten müssen innerhalb einer Organisation ungehindert fließen können. Dazu gilt es, Silo-Mentalitäten aufzubrechen und eine starke Datenanalysefunktion zu unterstützen. Die digitalen Marktführer verfolgen hier eine duale Strategie: Sie legen den Schwerpunkt auf eine kurzfristige Wertschöpfung, wo Daten bereits verfügbar sind (zum Beispiel in der Preisdatenanalyse), und bauen gleichzeitig die notwendige Dateninfrastruktur für die Zukunft auf.
Kapitel 3
Auswahl der richtigen Investitionsstrategie
Der richtige Mix aus Anlageinstrumenten und M&A-Integration treibt die Digitalisierung voran.
Übergang zu digitalen M&A und Beteiligungen
Führungskräfte wissen, welche Technologien sie für eine erfolgreiche digitale Zukunft brauchen. Allerdings herrscht noch weitestgehend Uneinigkeit darüber, welche Anlageinstrumente sich am besten eignen.
Laut einer Datenanalyse von CB Insights spielt der Aufbau interner Kapazitäten durch Verwendung angemeldeter Patente als Proxy eine maßgebliche Rolle bei der Wertsteigerung. Dies lässt sich in Abb. 3 (s. u.) an der durchschnittlichen Aktienkursentwicklung ablesen. Der optimale Ansatz ist es allerdings, ein Gleichgewicht zwischen organischen (Patente) und nicht organischen (M&A und Corporate Venture Capital [CVC]) Strategien herzustellen. So können die Vorteile sowohl der Wertbildung als auch der Schnelligkeit genutzt werden.
Wenn sie den Aufbau interner Kapazitäten mit den Anlageinstrumenten M&A, CVC und Beteiligungen vergleichen, geben die Befragten mehrheitlich (52 Prozenten) an, dass M&A-Investitionen die Erwartungen am häufigsten übertroffen haben. Beteiligungen landen auf dem zweiten Platz. Hier geben 45 Prozent der Befragten an, dass ihre Erwartungen übertroffen wurden.
Einigkeit für die Anlagestrategie herstellen
Auch wenn digitale M&A in einigen Fällen die Erwartungen übertreffen, ist das Risiko eines Fehlschlags hoch. Durch Fehleinschätzungen können digitale M&A-Initiativen von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein. Auf die Frage, warum digitale M&A-Initiativen lediglich die Erwartungen erfüllt oder diese sogar verfehlt haben, nennt die Mehrheit der Führungskräfte (64 Prozent) inkompatible Wertschöpfungsquellen als Hauptgrund.
Solche Fehleinschätzungen sind bedenklich, da mehr als die Hälfte aller Führungskräfte plant, digitale M&A oder Beteiligungen einzusetzen, um Digitalisierungsinitiativen voranzutreiben. Insofern ist es entscheidend, die Ziele und Werte der Organisation mit denen eines akquirierten oder eines Beteiligungsunternehmens in Einklang zu bringen. Doch auch intern ist mehr Einigkeit gefragt: Lediglich 43 Prozent der Führungskräfte sind überzeugt, dass die Digitalchefs der Funktionseinheiten voll und ganz hinter der digitalen M&A-Strategie der Gesamtorganisation stehen.
Abstimmung und Zusammenarbeit zahlen sich aus. Führungskräfte, deren Erwartungen an Beteiligungen und digitale M&A erfüllt oder übertroffen wurden, berichteten mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit, dass diese von mehreren Führungskräften (beispielsweise einer Kombination aus CFO, CIO und anderen) gemeinsam umgesetzt wurden.
Wenn Führungskräfte sich über den Mix an Anlageinstrumenten einig sind, kann eine Investitionsstrategie entstehen, die Wert schafft und mit der die Ziele der Gesamtorganisation erreicht werden. Dass die Zusammenarbeit stabil bleibt, wenn es darum geht, Verantwortung zu übernehmen und Investitionen zu steuern, ist wünschenswert. Das beste Rezept für eine erfolgreiche Investitionsstrategie: internes Silodenken überwinden und die individuellen Stärken einzelner Führungskräfte gezielt nutzen (beispielsweise die Entwicklung interner Kapazitäten dem CDO überlassen und die Steuerung von M&A dem CEO).
Kapitel 4
Skalierungshindernisse überwinden
Qualifiziertes Personal und ein flexibles Geschäftsmodell helfen, digitales Potenzial zu heben.
Digitaler Erfolg erfordert Qualifikation und finanzielle Mittel
Fehlt eine klar definierte digitale Strategie, ist dies ein hausgemachtes Risiko für eine Organisation. Doch selbst die flexibelste Hightech-Strategie kann an anderen Hürden scheitern. Abb. 4 zeigt, dass mangelnde Qualifikationen (65 Prozent) und ein unzureichendes Budget (59 Prozent) die größten Hindernisse bei der Umsetzung digitaler Programme sind, dicht gefolgt von einem fehlenden Geschäftsmodell (45 Prozent).
Angesichts solcher Hindernisse ist es verständlich, dass weniger als 10 Prozent der Befragten – einschließlich der digitalen Marktführer – angeben, dass sie bereits vom vollen Nutzen ihrer Digitalisierungsbemühungen profitieren.
Gelungene Skalierung
Eine Organisation benötigt die richtigen Qualifikationen, um digitale Investitionen effektiv zu skalieren. Abb. 5 zeigt, dass die Gruppe der digitalen Marktführer tendenziell eher neues Personal einstellt, um ihre digitalen Fähigkeiten auszubauen. Die Gruppe der sonstigen Befragten setzt eher auf die Fort- und Weiterbildung bestehenden Personals oder auf Outsourcing.
Unternehmen brauchen hoch qualifiziertes Personal und ein effektives, flexibles digitales Geschäftsmodell, um Hindernisse auf dem Weg zur Wertschöpfung zu überwinden. Doch nur die Hälfte der Führungskräfte gibt an, dass ihr Geschäftsmodell zielführend ist. Probleme mit dem Geschäftsmodell in Kombination mit unzulänglichen Qualifikationen und Strategien sind der Grund, warum es vielen Organisationen so schwerfällt, ihre digitalen Initiativen zu skalieren.
Obwohl es bei der Entwicklung neuer Unternehmen und der Digitalisierung von Kernprozessen vergleichbare Hürden gibt, sind die Lösungswege unterschiedlich. Ein digitales Startup kann zum Beispiel Probleme mit dem Geschäftsmodell über einen strukturierten Ansatz beseitigen, der unter anderem klar definierte Meilensteine und Ziele beinhaltet sowie auf Digital Natives setzt. Bei der Digitalisierung von Kernprozessen können agile, funktionsübergreifende Teams die Lösung sein. Unabhängig von der Zielsetzung gibt es zwei Erfolgsfaktoren: Mut zum Experimentieren und das konsequente Einstellen von Initiativen, die nicht funktionieren.
Kapitel 5
Belastbare Kennzahlen etablieren
Starke Steuerungsmodelle und Kennzahlen helfen beim Management digitaler Initiativen.
Die Vorteile einer Rendite auf digitale Investitionen
In einem von begrenzten finanziellen Ressourcen geprägten Umfeld wird es immer wichtiger, den Wert sämtlicher Investitionen – auch der digitalen – nachweisen zu können. Zwei Drittel aller Führungskräfte sagen zwar, dass digitale Initiativen in den letzten zwei Jahren maßgeblich für den Erfolg ihrer Organisation waren, doch es gelingt ihnen bislang noch nicht, diesen Erfolg durch harte Zahlen zu belegen.
Weniger als ein Viertel der Führungskräfte gab an, den RODI (Return on digital investment) aktiv zu messen. Andere KPIs sind hingegen weiter verbreitet, darunter Kennzahlen zur finanziellen Performance (57 Prozent) und zur betrieblichen Effizienz (46 Prozent).
Von den in unserem Survey befragten Branchen verwenden die Sektoren Technologie, Medien und Telekommunikation (TMT), Finanzdienstleistungen sowie Industriegüter tendenziell am ehesten KPIs und etwa ein Drittel von ihnen setzt den RODI als Kennzahl ein (s. Abb. 6).
Die Sektoren TMT, Finanzdienstleistungen und Industriegüter nehmen eine Führungsrolle bei der Messung des RODI ein. Unternehmen, die diese Rendite als Kennzahl verwenden, haben im Jahr 2019 mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent einen RODI von über 5 Prozent erzielt. Dies deutet darauf hin, dass ein breiter Einsatz von KPIs einschließlich des RODI zu höheren Renditen führen kann – vielleicht weil diese Organisationen die Performance ihrer digitalen Investitionen und Operationen stärker im Blick haben.
Hürden auf dem Weg zur exakten RODI-Messung überwinden
Den RODI zu messen ist nicht immer einfach. Mehr als die Hälfte der Führungskräfte gibt an, dass eines der größten Hindernisse dabei ein Mangel an klar definierter Strategie und Zielen ist. Ein Unternehmen benötigt ein effektives Steuerungsmodell mit Fokus auf Ergebnissen und Skalierung, um Erfolg zu quantifizieren.
Fehlende Qualifikationen und eine lückenhafte Datengrundlage verhindern häufig, dass Unternehmen den Erfolg ihrer digitalen Initiativen messen können. Um den RODI exakt bestimmen und strategische Ziele erreichen zu können, benötigen Führungskräfte fähiges Personal (durch Neueinstellungen oder interne Fortbildung) und einen Datenfluss, der nicht durch unternehmensinterne Barrieren eingeschränkt ist.
Fazit
Die Umfrageergebnisse zeigen sehr deutlich, dass Führungskräfte noch viel Arbeit vor sich haben, um ihre digitalen Initiativen zu einem klar messbaren Erfolg zu führen. Dabei erscheinen die folgenden Maßnahmen empfehlenswert:
- Eine klare Strategie festlegen, die digitale Ausgaben beziffert, technologische Anforderungen benennt und einen stimmigen Weg zur Umsetzung beinhaltet. Nur wenige der Befragten sagen, dass ihre Organisation über eine klar definierte Strategie verfügt und noch weniger sind der Meinung, dass diese Strategie flexibel ist. Doch sowohl Klarheit als auch Anpassungsfähigkeit sind unabdingbar, um schwierige Phasen zu überstehen und Erfolg zukunftssicher zu machen.
- Einigkeit unter den Führungskräften im Hinblick auf den richtigen Investitionsmix aus internem Aufbau, Beteiligungen, Akquisitionen und Joint Ventures herstellen – und einen integrierten Ansatz entwickeln, um digitale Initiativen voranzutreiben und strategische Ziele zu erreichen. Je nach Art der digitalen Initiative, den technischen Anforderungen und den internen Kapazitäten kann der Investitionsmix zu unterschiedlichen Ergebnissen bei RODI und Umsetzungstempo führen.
- M&A können die digitale Performance nach dem Ende der Pandemie weiter steigern und Unternehmensbeteiligungen können Finanzierungslücken schließen.
- Von den digitalen Marktführern lernen: hoch qualifizierte Fachkräfte einstellen und langfristig halten, die Finanzierung sichern und Geschäftsmodelle optimieren.
- Ein starkes Steuerungsmodell und belastbare KPIs für digitale Initiativen etablieren. Ein exakt gemessener RODI macht potenzielle Schwächen der digitalen Strategie sichtbar, die sich dann anpassen lassen.
- Das Portfolio aus Unternehmensinitiativen während der Pandemie neu gewichten. Die Priorität sollte zum Beispiel kurzfristig auf profitablen Initiativen liegen, um zukünftiges Wachstum durch neue, digitale Produkte und Dienstleistungen zu finanzieren.
Andy Youn, Robert Lin, Andy Robertson, Jierui Liu, Corinne Daniel und Imran Venjara von EY-Parthenon haben maßgeblich zu diesem Artikel beigetragen.
Fazit
Der EY Digital Investment Index kann Führungskräfte dabei unterstützen, ihre digitale Strategie zu verbessern und ihre Rendite auf digitale Investitionen zu steigern.