3 Minuten Lesezeit 29 Oktober 2020
Drei Personen unterhalten sich in einem Bürogebäude

Controlling konsequent erneuern: die Highlights des Controlling Panels 2020

Autoren
Mirko Waniczek

Partner, Controlling und Finance, Consulting | Österreich

Hilft Unternehmen diverser Branchen seit über 25 Jahren dabei, die Bereiche Controlling und Finance zu optimieren. Erkundet mit seiner Familie die Welt.

Raphael Kührer

Senior Consultant, PI Finance, Consulting | Österreich

Sein Leitbild: Mit fundierter Beratung europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb stärken. In seiner Freizeit läuft er gerne durch die Niederösterreichischen Weinberge und musiziert.

3 Minuten Lesezeit 29 Oktober 2020

Weitere Materialien

Ergänzend zur „Digitalisierung“ ist es an der Zeit, den Blick auch wieder auf organisatorische Hebel und den Faktor Mensch zu richten.

Das Controlling Panel wird seit 2016 in Kooperation mit dem Controller Institut durchgeführt, 2020 nahmen 306 Unternehmen der Dachregion teil. Der Studie liegen sieben Hebel zur Leistungssteigerung zugrunde, die sowohl hinsichtlich Relevanz als auch der aktuellen Verwendung im Controlling durch die Befragten beurteilt wurden. Die zentralen Studienergebnisse werden nachfolgend nach absteigender Bedeutung der Hebel vorgestellt.

Controlling Panel 2020

Flexibilisierung der Controlling-Organisation

Die „Flexibilisierung der Controlling-Organisation“ stellt laut den Umfrageergebnissen den wichtigsten Hebel zur Leistungssteigerung dar. Insgesamt 98 Prozent der Befragten sehen darin Relevanz für das Controlling. 70 Prozent stimmen voll zu, dass es einer größeren Flexibilisierung im Controlling bedarf, um den immer dynamischer werdenden Anforderungen gerecht zu werden. Ein gleichmäßig hohes Zustimmungsbild zeichnet sich auch branchen- und größenübergreifend ab und bestätigt die Annahme, dass nach einer Welle primär auf technologische Innovation ausgerichteter Maßnahmen jetzt wieder der Faktor Mensch in den Mittelpunkt rückt. 

“Flexibilisierung der Controlling-Organisation”

98 %

sehen dies als Hebel zur Leistungssteigerung.

Im Gegensatz zum extrem hohen Potenzial, dass diesem Thema zugewiesen wird, zeigt sich – wie auch bei den nachfolgend dargestellten Hebeln-, dass die Realität weit vom Zielzustand abweicht. Über das gesamte Sample stufen nur 31 Prozent der Befragten die eigene Organisation als flexibel ein. Den Unternehmen ist diese Diskrepanz und der damit einhergehende Handlungsbedarf offensichtlich bewusst, denn 40 Prozent der Unternehmen arbeiten laut eigener Angabe aktuell an einer Flexibilitätssteigerung der Controlling-Organisation. 

Forcierung digitaler Technologien

War „Digitalisierung“ ursprünglich im allgemeinen Kontext sowie auf Controlling bezogen nicht viel mehr als eine wenig konkrete Begriffswolke, so kann mittlerweile ein ganz klarer Bezug zu den Controlling-Kernprozessen und den darin nutzbaren Technologien hergestellt werden. Da in der Controlling-Community auch immer mehr Use Cases und konkrete Projekterfolge vorgestellt werden, hat auch die breite Masse der Unternehmen mittlerweile einen klaren Standpunkt eingenommen:  95 Prozent der Befragten stimmen zu, dass digitale Technologien, wie etwa Dashboarding oder Predictive Analytics, ein wesentlicher Enabler zur Leistungssteigerung im Controlling sind.

Auch hier muss festgestellt werden, dass trotz der hohen wahrgenommenen Relevanz der Verbreitungsgrad in den Unternehmen äußerst niedrig ist. So sind es nur rund zehn Prozent der Unternehmen, die neue Technologien im Controlling bereits aktiv nutzen. Die Tatsache, dass sich nahezu jedes zweite Unternehmen in der Umsetzung einer solchen Technologie befindet, lässt jedoch einen sprunghaften Nutzungsanstieg in den nächsten Jahren erwarten. Ein Untersuchungsergebnis ist in diesem Zusammenhang besonders interessant: Der angestrebte Nutzen liegt für 56Prozent der Unternehmen in der verbesserten Steuerungsfähigkeit des Unternehmens und damit deutlich über dem Anteil der Befragten, die dadurch eine Effizienzsteigerung anstreben (42%). 

Die Tatsache, dass sich nahezu jedes zweite Unternehmen in der Umsetzung einer solchen Technologie befindet, lässt jedoch einen sprunghaften Nutzungsanstieg in den nächsten Jahren erwarten.
Mirko Waniczek
Partner, Controlling und Finance, Consulting | Österreich

Weiters kann festgestellt werden, dass die Nutzungsrate digitaler Technologien mit zunehmender Unternehmensgröße steigt, besonders sprunghaft ab 250 Mio. Umsatz bzw. 500 Mitarbeitern.

Etablierung einer Single Source of Truth

Wesentliche Potenziale zur Leistungssteigerung im Controlling können offensichtlich auch in der Erledigung von Hausaufgaben, im konkreten Fall in der Etablierung einer Single Source of Truth (SST), liegen. 90 Prozent der Unternehmen stimmen zu, dass relevante Steuerungsinformationen über eine solche autorisierte Informationsquelle bereitgestellt werden sollen. Auch hier hat aktuell nur jedes fünfte Unternehmen eine SST-Lösung bereits in Anwendung, allerdings befindet sich rund die Hälfte der Unternehmen in Umsetzungsprojekten.

Potenziale zur Leistungssteigerung im Controlling

90 %

stimmen zu, dass relevante Steuerungsinformationen über eine autorisierte Informationsquelle bereitgestellt werden sollen.

Erneuerung der ERP-Systeme

ERP-Systeme decken ein breites Spektrum an Unternehmensprozessen ab, bilden gleichzeitig aber auch die wichtigste Datengrundlage für das Controlling. Jene Unternehmen, die SAP nutzen, müssen sich mit einem Umstellungsprozess auf SAP S/4HANA auseinandersetzen bzw. haben diesen bereits vollzogen. In der Studie wurde daher überprüft, ob bzw. welche Potenziale Unternehmen in der Erneuerung der ERP-Systeme für das Controlling sehen. 60 Prozent der Befragten stimmten vollständig, weitere 30 Prozent teilweise der Hypothese zu, dass eine Erneuerung des ERP-Systems die Leistungsfähigkeit des Controllings verbessern kann. Nur sieben Prozent der Befragten bezweifeln dies. Aktuell arbeiten 42 Prozent der Unternehmen an der Erneuerung der Basissysteme, ein Viertel der Unternehmen nutzt bereits ein erneuertes ERP-System. 

60 Prozent der Befragten stimmten vollständig, weitere 30 Prozent teilweise der Hypothese zu, dass eine Erneuerung des ERP-Systems die Leistungsfähigkeit des Controllings verbessern kann.
Raphael Kührer
Senior Consultant, PI Finance, Consulting | Österreich

Ein klarer Trend zeichnet sich in den Umsetzungs- und Anwendungsraten hinsichtlich Mitarbeiteranzahl der Unternehmen ab. Je höher der Mitarbeiterstand eines Unternehmens ist, desto höher ist die Motivation, eine Erneuerung der ERP-Systeme vorzunehmen. Einen überraschenden Aspekt bildet die Tatsache, dass das Hauptziel der Systemerneuerung von 70 Prozent der Befragten  einer verbesserten Unternehmenssteuerungsfähigkeit gesehen wird und nur von rund einem Viertel der Befragten in der Effizienzsteigerung der Controlling-Prozesse.

Nutzung von Massendaten

Eine vergleichsweise zurückhaltende Einschätzung zeigt sich hinsichtlich der Nutzenpotenziale, die mit Massendaten verbunden werden. Nur ein Drittel der Befragten stimmen der Aussage, dass interne und externe Massendaten neue Erkenntnisse beziehungsweise relevantere Informationen liefern, vollumfänglich zu, immerhin stimmen weitere 50 Prozent teilweise zu. Eine Begründung könnte darin liegen, dass Massendaten entlang der Wertschöpfungskette bzw. außerhalb des Controlling- und Finanzbereichs anfallen und gegebenenfalls dort auch genutzt werden.

Branchenübergreifend nutzen nur rund 15 Prozent der befragten Controlling-Einheiten aktuell bereits interne und externe Massendaten, weitere 40 Prozent bereiten eine Umsetzung vor. Auch hier zeigt sich eine Korrelation mit der Unternehmensgröße. So sind bereits 56 Prozent der Unternehmen mit mehr als 5 Milliarden Euro Umsatz in der Umsetzung oder Anwendung einer Massendatenlösung, während es von den Unternehmen mit bis zu 10 Millionen Euro Umsatz erst 28 Prozent sind.

Aktives Role Taking

Als nachrangiger Hebel wird die Selbstgestaltung der Aufgaben durch Controlling gesehen. Nur 19 Prozent der Befragten sprechen sich vollumfänglich für ein aktives Role Taking im Controlling aus, 60 Prozent stimmen eher zu. Insgesamt ist bei 21 Prozent der Unternehmen der Gestaltungsspielraum der Controller-Aufgaben bereits gegeben, weitere 40 Prozent arbeiten an einer Umsetzung. Interessant ist, dass in Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern mit nur sieben Prozent der geringste Anteil diese Autonomie lebt, gleichzeitig mit 57 Prozent der größte Anteil sich eine autonomere Aufgabengestaltung wünscht.

Bedarfsorientierte Kompetenzentwicklung

Volatile Anforderungen und sich ändernde Rahmenbedingungen erfordern eine laufende Anpassung der Mitarbeiterkompetenzen. Die Unternehmen stellen sich hierbei ein sehr positives Zeugnis aus. 84 Prozent der Befragten geben an, dass Kompetenzen der Controlling-Organisation laufend überprüft und bedarfsorientiert erneuert werden. Um das volle Potential der neuen Technologien ausschöpfen zu können, braucht es Kompetenzen in Data Science und Business Partnering. Hier zeigt sich ein differenziertes Bild. 

Volatile Anforderungen und sich ändernde Rahmenbedingungen erfordern eine laufende Anpassung der Mitarbeiterkompetenzen. Die Unternehmen stellen sich hierbei ein sehr positives Zeugnis aus. 84 Prozent der Befragten geben an, dass Kompetenzen der Controlling-Organisation laufend überprüft und bedarfsorientiert erneuert werden. 

Der Bereich Data Science stellt für viele Unternehmen noch immer die größte Hürde in der Kompetenzentwicklung dar. Aktuell stimmen nur 15 Prozent der Befragten der Aussage, dass dieser Bereich mit ausreichend Kompetenzen ausgestattet sei, voll zu, weitere 44 Prozent stimmen eher zu. Als Konsequenz daraus streben mehr als die Hälfte der Unternehmen an, Kompetenzen im Bereich von Data Science auszubauen.

Im Gegensatz dazu sind rund 40 Prozent der Unternehmen mit dem aktuellen Kompetenzstatus zum Thema Business Partnering sehr zufrieden, weitere 45 Prozent eher zufrieden. Da aber gleichzeitig die Anforderung der Controlling-Kunden steigen, streben nahezu alle Unternehmen (95 %) noch einen weiteren Kompetenzausbau an. 

Fazit

Für die ganzheitliche und konsequente Erneuerung der Controlling-Funktion sind nicht nur Systeme und Technologien von Relevanz, auch organisatorische Aspekte und Kompetenzanforderungen stellen wesentliche Hebel dar. Der Faktor Mensch rückt wieder zunehmend in den Mittelpunkt. Die zeigt sich zum einen in der Flexibilisierung der Controlling-Organisation als Top-Hebel zur Leistungssteigerung, aber auch der Notwendigkeit, die die Unternehmen in der Weiterentwicklung der Data Science und Business-Partner-Kompetenzen sehen.Der Einsatz digitaler Technologien, die Etablierung einer Single Source of Truth sowie die Erneuerung der ERP-Systeme kristallisieren sich als weitere Haupthebel zur Leistungssteigerung im Controlling heraus. 

Die Vollversion des Artikels ist im CFOaktuell Heft 2/2020, S. 49-52 erschienen.

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Raphael Kührer

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Sein Leitbild: Mit fundierter Beratung europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb stärken. In seiner Freizeit läuft er gerne durch die Niederösterreichischen Weinberge und musiziert.