2 Minuten Lesezeit 18 September 2020
Ein Roboter, der einen Taschenrechner bedient

Intelligent Automation im Finanzbereich – Hype oder Must Have

Autoren
Susanne Zach

Leitung AI & Data | Österreich

Ist davon überzeugt, dass Werkzeuge wie Analytics und Künstliche Intelligenz nachhaltig dazu beitragen können, die Geschäftsziele zu erreichen. Ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Daniel Erbert

RPA & Intelligent Automation Lead Austria Manager, Ernst & Young Management Consulting GmbH | Österreich

Philosophieren kann zu Ideen führen, probieren hingegen kann zu Ergebnissen führen.

2 Minuten Lesezeit 18 September 2020

RPA im Finanzbereich: Zeit, die gewonnenen Erfahrungen der letzten Jahre zu nutzen und zu evaluieren, was sich hinter dem „Hype“ um RPA verbirgt.

Im Rahmen der RECON, einer Konferenz des Business Circle im Bereich Finanzen, Controlling & Rechnungswesen moderierte EY den Roundtable zum Thema „Intelligent Automation – Hype oder Must Have“. Ziel war ein praxisnaher Austausch auf Augenhöhe über Erfolgskriterien und aktuelle Herausforderungen, um Robotic Process Automation (RPA) langfristig erfolgreich im Unternehmen einsetzen zu können. Die Teilnehmer stammten hauptsächlich aus den Bereichen Konzernbuchhaltung, Accounting, Controlling, aber auch aus der IT.

In den vergangenen Jahren erfuhr das Thema Robotic Process Automation (RPA) als Teil des Megatrends Digitalisierung ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. International drängten zahlreiche neue Anbieter und Lösungen auf den Markt und sorgten so für ein hoch innovatives Umfeld, in dessen Fahrwasser viele Unternehmen beschlossen haben, RPA in ihrem Unternehmen einzuführen. Die Finanzfunktion nimmt hier in vielen Unternehmen eine Vorreiterrolle bei der Einführung von RPA ein.

Vorreiterrolle bei der Einführung von RPA

Ca. 80 %

aller Automatisierungsprojekte sind im Finanzbereich angesiedelt.

RPA und Intelligent Automation werden oftmals als das Allheilmittel für prozessuale Missstände aller Art und kostenintensive Prozesse inklusive kurzfristigem Return-on-investment gesehen. Anfängliche Erfolge durch sogenannte „Quick-Wins“ untermauern diese Erwartungen. Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt jedoch, dass nicht jede durchgeführte Automatisierung zweckmäßig war und die tatsächlichen Effekte oft hinter den erwarteten zurückblieben.

Dies führt dazu, dass mancher Marktbeobachter von einem reinen Hype spricht. Andere merken an, dass der Hype bereits vorbei sei. Tatsächlich sind beide Sichtweisen nicht zutreffend. Dies wird auch mittels eines Blickes auf den von Gartner jährlich veröffentlichten Hype-Cycle deutlich. So war RPA 2017, als aufstrebende Technologie, noch am Weg auf den sogenannten „Gipfel der überzogenen Erwartungen“. 2018 wurde der Gipfel schließlich überschritten. Seit 2019 hat sich RPA in rasanter Geschwindigkeit vom Hype-Status befreit und ist nun ein fester Bestandteil der Digitalisierungsstrategie vieler Unternehmen.

Aus ihrer beruflichen Erfahrung identifizierten die Teilnehmer des Roundtables bei der RECON-Konferenz folgende Punkte als Mehrwert einer Einführung von RPA in ihrem Unternehmen:

  1. RPA kann die Effizienz deutlich steigern. Gerade bei Prozessen wie der Aufbereitung und Konsolidierung von Berichten oder der Kontrolle von Eingangsrechnungen können die Bearbeitungszeiten drastisch verringert werden und hohe Effizienzsteigerungen bei einer geringeren Fehlerquote realisiert werden.
  2. In einer Zeit des Fachkräftemangels haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dank RPA mehr Zeit für strategischere Themen, da zeitaufwändige repetitive Prozesse automatisiert werden. Gerade in der aktuellen COVID-19 Situation, mit Ausfällen bei Wissensträgern, ist es wichtiger denn je, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von repetitiven Tätigkeiten zu befreien, um das Unternehmen gut durch die Krise navigieren zu können. 
  3. Die Mitarbeitermotivation und -bindung kann aufgrund von RPA langfristig erhöht werden, indem sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf interessantere Aufgaben konzentrieren können.
  4. RPA kann systemübergreifend arbeiten. In einer gewachsenen heterogenen Systemlandschaft ist es oft schwer, Daten im benötigen Maß zwischen allen Systemen auszutauschen. Daher findet man häufig Prozess- oder Medienbrüche an den Abteilungsgrenzen vor. RPA kann helfen, Daten zwischen mehreren Systemen auszutauschen, ohne kostenintensive Schnittstellenentwicklungsprojekte starten zu müssen.

Robot Process Automation kann in der Finanzfunktionen sofort Mehrwert schaffen. Werden im Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen, so wird RPA zum Katalysator und löst umfassendere Änderungen in der Finanzfunktion, ihren Prozessen und bei den Mitarbeitenden aus, die den Wert von RPA maximieren und den Finanzbereich auf die nächste Ebene heben können.

Der wahre Wert von RPA kann jedoch nur in einem engen Zusammenspiel mit anderen Technologien entstehen. RPA kann als „Türöffner“ für disruptive Technologien wie Process Mining, Machine Learning, Natural Language Processing oder Intelligent OCR gesehen werden

Doch wie kann man dafür Sorge tragen, dass sich RPA langfristig erfolgreich im Unternehmen etabliert und keinen kurzfristigen Hype darstellt? Unsere Erfahrung und der Austausch mit den Roundtable-Teilnehmern zeigen, dass die erfolgreiche Einführung von diversen, meist organisatorischen, Faktoren abhängt:

  • Start jeder erfolgreichen RPA Einführung ist immer die Definition einer holistischen Strategie und das Festgelegen von realistischen Zielen. Es ist wichtig, sowohl die IT-Abteilung als auch die betroffenen Fachbereiche frühzeitig einzubinden. Auch für die Kooperation zwischen den verschiedenen Abteilungen zu sorgen ist essenziell.
  • In der Praxis erweist sich oft die organisatorische Verankerung des Themas im Unternehmen als kritischer Faktor. Klare, auf das Unternehmen zugeschnittene, Zuständigkeiten und Prozesse helfen den Nährboden für eine erfolgreiche Einführung vorzubereiten. Hier ist insbesondere der Aufbau eines internen Kompetenzzentrums zu nennen.
  • Die Einführung von RPA macht vor allem dann Sinn, wenn das Managements bereit ist, eine entsprechende Quantität an Prozessen zu automatisieren. Dies ist notwendig, um Effizienzpotentiale richtig nutzen zu können.

Abschließend wurden die Praxiserfahrungen der Teilnehmer diskutiert, Erwartungshaltungen an Automatisierungspotentiale im Finanzbereich erörtert sowie bereits identifizierte Fallstricke von Automatisierungsinitiativen gesammelt. Das größte Potential für Automatisierung sahen die Teilnehmer im Bereich der Erfassung von Eingangsrechnungen, der Debitoren und Kreditorenstammdatenverwaltung, sowie der Schaffung von Schnittstellen zu (Legacy-) Applikationen. 

Der wahre Wert von RPA kann jedoch nur in einem engen Zusammenspiel mit anderen Technologien entstehen. RPA kann als „Türöffner“ für disruptive Technologien wie Process Mining, Machine Learning, Natural Language Processing oder Intelligent OCR gesehen werden. So wird Robotic Process Automation zum Sprungbrett der digitalen Transformation im Unternehmen.

Fazit

Fest steht: RPA ist eine überaus flexible Technologie. In den letzten Jahren erreichte sie die notwendige Reife, um wertschöpfend im Finanzbereich von Unternehmen jeder Branche eingesetzt werden zu können. Auch stellt RPA eine wichtige Lösung dar, um einen Neustart nach der Coronakrise zu unterstützen. Darüber hinaus ebnet RPA als sogenannte „Brückentechnologie“ den Weg für weiteres Digitalisierungspotential und ermöglicht es so, beginnend im Finanzbereich, die Digitalisierung im gesamten Unternehmen weiter voranzutreiben.

Über diesen Artikel

Autoren
Susanne Zach

Leitung AI & Data | Österreich

Ist davon überzeugt, dass Werkzeuge wie Analytics und Künstliche Intelligenz nachhaltig dazu beitragen können, die Geschäftsziele zu erreichen. Ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Daniel Erbert

RPA & Intelligent Automation Lead Austria Manager, Ernst & Young Management Consulting GmbH | Österreich

Philosophieren kann zu Ideen führen, probieren hingegen kann zu Ergebnissen führen.