3 Minuten Lesezeit 18 Dezember 2020
Pflegekraft misst den Puls

Intensivpatient Personal: Wenn in der Pandemie die Hände fehlen

Autoren
Christian Horak

Partner, Government and Public Services, Strategy and Transactions, EY-Parthenon | Österreich

Ist seit über 25 Jahren mit Leib und Seele Unternehmensberater und hat sich ganz der Arbeit mit gemeinnützigen und öffentlichen Organisationen verschrieben.

Martin Bodenstorfer

Partner, Strategy and Transactions, EY-Parthenon | Österreich

Managementberater für Organisationen, die nicht primär ein Gewinnziel verfolgen.

Katja Gruber, M.A.

Manager, Strategy & Transactions / Österreich

Katja Gruber ist es wichtig, soziale Verantwortung in allen Aspekten zu leben. Ihre Erfahrung bringt sie gerne in soziale Projekte ein

3 Minuten Lesezeit 18 Dezember 2020

Wie sich der Personalmangel im Gesundheits- und Sozialsektor aktuell auswirkt, zeigt eine neue Studie von EY-Parthenon.

Überblick

  • Personalmangel im Gesundheits- und Sozialsektor wird zunehmend herausfordernder
  • Aktuelle EY-Parthenon-Studie liefert neue Einblicke

Die letzten Wochen und Monate im Coronamodus machen deutlich, wie sehr wir den öffentlichen Sektor und speziell unsere Gesundheits- und Sozialeinrichtungen brauchen. Sie zeigen aber auch, wie wenig Personal für diese wichtigen Infrastrukturbereiche zur Verfügung steht. Über 200 Führungskräfte aus der Branche haben an unserer Umfrage teilgenommen. Und es zeigt sich: Der Personalmangel inmitten der Pandemie führt unser Verwaltungs-, Pflege- und Gesundheitssystem an seine Belastungsgrenzen.

Über drei Viertel der Führungskräfte gaben an, dass die Suche und Anstellung von geeignetem Personal schwieriger ist, als noch vor zehn Jahren. Zwei Drittel sind der Meinung, sie müssten aktuell Personal einstellen, das sie vor zehn Jahren noch abgelehnt hätten. Das wirft selbstverständlich auch Fragen zur Belastbarkeit unseres Pflege-, Gesundheits- und Verwaltungssystems auf.

EY-Parthenon-Studie Personalmangel im öffentlichen, sozialen und Gesundheitssektor

7 Monate

bleiben Stellen von ÄrztInnen, Pflegekräften oder PsychologInnen im Schnitt unbesetzt

Der Personalmangel ist in beinahe allen Berufsgruppen deutlich zu spüren, besonders betroffen sind IT-Kräfte und die diplomierte Krankenpflege. Durchschnittlich bleiben Stellen wie ÄrztInnen, Pflege oder PsychologInnen über sieben Monate unbesetzt, was die Überlastung des gesamten Systems zusätzlich verschärft. Der Druck zur effizienten Nutzung von Personalressourcen ist überdies stark gestiegen. Und: Entspannung ist nicht in Sicht – denn die große Mehrheit der Führungskräfte ist der Meinung, dass sich der Personalmangel weiter zuspitzen wird. Besonders trifft es die diplomierte Krankenpflege, ÄrztInnen und Pflegehilfen. Gründe dafür sind unter anderem die geringe Vergütung vor allem im Pflegebereich und der demografische Wandel, der das System mit einem erhöhten medizinischen Bedarf und einer steigenden Pflegenachfrage zusätzlich belastet. Zusätzlich wirkt die geringe Attraktivität des Berufsbilds als verstärkender Faktor.

Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, setzen die Organisationen auf einen Mix aus monetären und nicht-monetären Anreizen sowie eine verbesserte Work-Life Balance. Zu den beliebtesten nicht-monetären Anreizen zählen Weiterbildungsangebote, Mitarbeitergespräche bzw. Zielvereinbarungen, Arbeitszeitflexibilität und Home-Office.

EY-Parthenon-Studie Personalmangel im öffentlichen, sozialen und Gesundheitssektor

91 %

der befragten Organisationen nutzen bereits digitale Möglichkeiten, um Prozesse zu vereinfachen.

Die überwiegende Mehrheit der Organisationen nutzt bereits digitale Möglichkeiten, um Prozesse zu vereinfachen. Am häufigsten geschieht das durch Automatisierung von manuellen Verwaltungstätigkeiten. Trotzdem sollte nach weiteren digitalen Optimierungsmöglichkeiten gesucht werden – so kann das bestehende Personal zumindest teilweise entlastet werden.

Webcast-Empfehlung

Unsere Studie haben wir auch im Rahmen eines Webcasts vorgestellt und gemeinsam mit hochkarätigen Branchenvertretern diskutiert. Der Replay steht auf unserer Website zur Verfügung.


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Covid-19 forderte die öffentliche Verwaltung und den Gesundheits- und Sozialbereich wie alle Branchen sehr. Die Konsequenzen der Pandemie waren bisher vor allem ein hoher Aufwand für Schutzmaßnahmen, die Ermöglichung bzw. Umstellung auf Home-Office und ein höherer Arbeitsaufwand durch eingeschränkt verfügbares Personal.

Um dem Personalmangel im öffentlichen und sozialen Sektor entgegenzuwirken, können Organisationen zahlreiche Maßnahmen ergreifen. Aus unserer Erfahrung ist ein Mix der folgenden besonders erfolgsversprechend:

  • Organisationen benötigen eine umfassende Personalstrategie. Nur so können auch Unternehmensziele und zukünftiges Wachstum erzielt werden. Die Ziele müssen mithilfe eines professionellen und umfassenden Personalcontrolling laufend gemessen werden.
  • Employer Branding kann für die Organisationen durchaus zur Lösung des Problems beitragen. Organisationen müssen sich genau überlegen, wie sie sich als Arbeitgeber sowohl bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch bei potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern positionieren. Nur so kann es gelingen, die Attraktivität der Berufe zu steigern.
  • Selbstverständlich müssen für die Attraktivitätssteigerung auch noch weitere Hausaufgaben erfüllt werden. Arbeitszeitflexibilisierung und eine gerechte und attraktive Bezahlung sind dafür die wesentlichen Hebel. Viele der befragten Organisationen setzen diese Maßnahmen schon umfassend ein. Ein laufendes Monitoring des Markets ist anzuraten, um den Anschluss an den Mitbewerb nicht zu verlieren.
  • Neue Technologien und Digitalisierung müssen flächendeckend eingesetzt werden, denn nur so gelingt es, das bestehende Personal ausreichend zu entlastend. Aktuell gibt es bereits zahlreiche Digitalisierungsinitiativen, es werden allerdings noch lange nicht alle digitalen Möglichkeiten ausgeschöpft. Hier ist Innovationsgeist und Mut zum Neuen gefragt. 

Fazit

Der Personalmangel hat den öffentlichen und sozialen Sektor fest im Griff. Über alle Bereiche und Positionen wird es zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden. Führungskräfte aus der Branche schätzen, dass sich die Situation in den kommenden Jahren weiter zuspitzen wird. Ein umfassendes Paket aus strategischen, kommunikativen, organisatorischen und digitalen Maßnahmen kann Abhilfe schaffen.

Über diesen Artikel

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Christian Horak

Partner, Government and Public Services, Strategy and Transactions, EY-Parthenon | Österreich

Ist seit über 25 Jahren mit Leib und Seele Unternehmensberater und hat sich ganz der Arbeit mit gemeinnützigen und öffentlichen Organisationen verschrieben.

Martin Bodenstorfer

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Managementberater für Organisationen, die nicht primär ein Gewinnziel verfolgen.

Katja Gruber, M.A.

Manager, Strategy & Transactions / Österreich

Katja Gruber ist es wichtig, soziale Verantwortung in allen Aspekten zu leben. Ihre Erfahrung bringt sie gerne in soziale Projekte ein