3 Minuten Lesezeit 22 Jänner 2020
Chef erklärt seinen Mitarbeitern die Aufgaben

Prüfungsausschüsse von Aufsichtsgremien in Europa im Wandel

Die Aufgaben der Prüfungsausschüsse in Unternehmen verändern sich – von der Überwachung der reinen Finanzberichterstattung hin zu einer umfassenden Beratungsfunktion.

Wie unterschiedlich die Verantwortlichen damit umgehen, zum Teil strukturell bedingt, zeigt eine aktuelle Studie von uns, die auf einer Befragung von Prüfungsausschuss-Mitgliedern aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien basiert.

Perspektivenwechsel ist gefragt

Aufgrund der digitalen Transformation, wie etwa im Zuge von Industrie und Finance 4.0, verändern sich Unternehmen drastisch. Firmen sind gehalten, bestehende Prozesse zu adaptieren bzw. neue Prozesse zu etablieren sowie neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Doch nicht nur Geschäftsmodelle ändern sich, sondern auch die Erwartungen an Unternehmen seitens Politik und Gesellschaft. Insbesondere die Themen Corporate Social Responsibility (CSR) und Cybersicherheit treten zusehends in den Fokus und sind in vielen Unternehmen mittlerweile Chefsache.

Mit diesen Entwicklungen umzugehen, liegt ohne Zweifel in der Verantwortung des Unternehmensmanagements. Doch auch die Aufsichtsgremien (Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss) müssen sich mit den neuen Veränderungen intensiv auseinandersetzen; so unter anderem mit der Frage, wie sich regulatorische Anforderungen und der digitale Wandel konkret auf das Unternehmen auswirken. Hinzu kommen verschiedene Herausforderungen aus der EU Audit Reform: von der Ausschreibung über die Überwachung der Unabhängigkeit bis zur Berichterstattung.

Wir beobachten, dass die beratende Funktion für Prüfungsausschussmitglieder immer zentraler wird. Um diese Sparringspartner-Rolle einzunehmen ist es unerlässlich, dass Audit Committees ihr finanzielles Know-how auch um technologische und strategieorientierte Fähigkeiten erweitern.

Als Überwachungsorgan sind der Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss für die Verifikation der Unternehmensdaten ebenso verantwortlich wie für das rechnungslegungsbezogene interne Kontrollsystem, zudem zählt die Überwachung des Abschlussprüfers ebenso zu den wesentlichen Aufgaben. Betrachtet man nun das Aufgabenspektrum von Prüfungsausschüssen in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, lässt sich klar feststellen, dass Ausschussmitglieder grundsätzlich vor denselben Herausforderungen stehen. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass sich der Verantwortungsbereich und die Themenbandbreite, mit der sich der Prüfungsausschuss befasst, europaweit in den vergangenen Jahren stark erweitert haben. Grundsätzlich lässt sich ein Wandel der Verantwortlichkeiten von der reinen Finanzberichterstattung hin zu einem umfassenderen Unternehmensreport beobachten.

Die größte Herausforderung für Prüfungsausschüsse in Europa ist demnach aktuell, eine effektive Balance zwischen den operativen Herausforderungen und dem Reporting von heute und den Anforderungen an die Unternehmensberichterstattung von morgen zu finden. Überraschend ist indes, wie sehr das CSR-Thema die Verantwortlichen von Prüfungsausschüssen und im Aufsichtsrat beeinflusst und in welchem Maße Fragen zur konkreten Verantwortlichkeit bestehen. Insgesamt empfinden die befragten Gremienmitglieder die Aufgaben nicht klar genug definiert, was zu einer gewissen Unsicherheit betreffend den Pflichtenkanon führt. 

Unterschiedliche Herangehensweisen

Signifikante Unterschiede beim Umgang mit internen und externen Stakeholdern gibt es zudem in Bereichen, in denen die Aufgaben weniger klar definiert sind, wie etwa bei der Umsetzung der EU Audit-Reform. Einige Prüfungsausschüsse gehen hier ergebnisorientiert voran und überwachen die Resultate der gesamten Jahresabschlussprüfung, um die Integrität der Rechnungslegung sicher zu stellen. Andere verfolgen einen Input-basierten Prozess und führen intensive Diskussionen mit externen Prüfern bevor diese mit der Abschlussprüfung beginnen.

Doch welche Schlussfolgerungen sollten Mitglieder in Aufsichtsräten und Prüfungsausschüssen aus diesen Veränderungen ziehen?

Wichtig ist, dass die historisch bedingte Finanzberichterstattung nicht an Bedeutung verliert und nicht als reine Compliance-Übung wahrgenommen wird. Die historische Finanzberichterstattung ist das Rückgrat eines funktionierenden Kapitalmarktes. Dessen unbenommen, erweitert sich das Aufgabenspektrum des Prüfungsausschusses durch mehr Verantwortung für die erweiterte Unternehmensberichterstattung. Diese neuen Aufgaben erfordern auch neue Kompetenzen im Aufsichtsgremium.

Um ihre Aufgaben weiterhin effektiv zu erfüllen, sollten europäische Prüfungsausschüsse und Aufsichtsräte darüber hinaus genaue Best Practice-Vorgehensweisen etablieren, und diese auch bei der Prüfung der CSR-Berichterstattung einbringen. Die Mitglieder der Gremien brauchen Fähigkeiten, die relevant für digitale Instrumente sowie rechnungslegungsbezogene Prozesse und Systeme sind. Gemeinsam sollten sie daher überlegen, wie neue Kompetenzen schneller im Gremium etabliert werden können. 

Fazit

Aufgrund der digitalen Transformation, wie etwa im Zuge von Industrie und Finance 4.0, verändern sich Unternehmen drastisch. Auch die Aufsichtsgremien (Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss) müssen sich mit den neuen Veränderungen intensiv auseinandersetzen. So unter anderem mit der Frage, wie sich regulatorische Anforderungen und der digitale Wandel konkret auf das Unternehmen auswirken.